Loslassen

Ein Mönch und sein Schüler waren zusammen unterwegs. Sie kamen an einen Fluss mit starker Strömung. Als die Mönche sich darauf vorbereiteten, den Fluss zu überqueren, sahen sie eine sehr junge und schöne Frau, die ebenfalls versuchte, den Fluss zu überqueren. Die junge Frau fragte, ob sie ihr auf die andere Seite helfen könnten. Die beiden Mönche sahen einander an. Sie hatten geschworen keine Frau zu berühren. Dann hob der ältere Mönch die Frau wortlos auf, trug sie über den Fluss, legte sie sanft auf die andere Seite und setzte seine Reise fort.

Der jüngere Mönch konnte nicht glauben, was gerade passiert war. Er war sprachlos, und eine Stunde verging ohne ein Wort zwischen ihnen. Zwei weitere Stunden vergingen, dann drei. Schließlich konnte sich der jüngere Mönch nicht mehr zurückhalten und platzte heraus: „Uns als Mönche ist eine Frau nicht erlaubt, wie konntest du dann diese Frau auf deinen Schultern tragen?“ Der ältere Mönch sah ihn an und antwortete: „Bruder, ich habe sie auf der anderen Seite des Flusses abgesetzt, warum trägst du sie immer noch?“

Lange nachdem etwas passiert ist daran festhalten, es wieder und wieder im Kopf abspielen, …warum ist es so schwer loszulassen?

Weil wir wollen dass es anders ist, dass andere Menschen anders sind, Umstände/Situationen anders sind. Die manchmal schwer zu akzeptierende Wahrheit ist: lWir können nur uns selbst ändern. Andere Menschen ändern zu wollen ist zwar verständlich jedoch ein aussichtsloses Unterfangen – bei dem wir einen bitteren Preis zahlen und Beziehung gefährden.

Doch es geht tiefer: wir glauben oft, dass etwas loszulassen bedeutet, dass das was uns wichtig ist nicht zählt, ja mehr noch dass du nicht zählst. Dass so wie du bist nicht ok ist, das was du wilst nicht ok ist, zu viel verlangt, oder lächerlich sei… oder was ist es bei dir? Oft sind es widerkehrende Anlässe, Situationen, Menschen, die etwas spezielles in dir anklingen lassen.

Die darunterliegenden Verletzungen machen es so schwer – weil sie es sind die aufheulen, gesehen werden wollen und liebevolle Aufmerksamkeit brauchen. Wenn du das immer wieder runterschluckst, ignorierst, zu funktionieren versuchst, „es hinkriegen willst“ dann wird dieses loslassen immer schwerer, und Widerstand macht sich breit. Deshalb reagieren wir ja auch oft mehr als nur genervt auf Tipps wie: Lass es los, entpanne dich, etc.

Und das Leben schickt uns immer wieder ähnliche Situationen oder Menschen , die genau in den wunden Punkten rühren. Gemein? Oder eine Chance es zu heilen, dir bewusst zu werden.

Es liegt an dir wofür du dich entscheidest: Mehr Kopfkino mit Bösewichten und Schuldigen, oder annehmen, dass es so ist: akzeptieren und spüren, wie es weh tut, dass es unangenehm ist, dass du es anders haben willst. Das ist wesentlich für Heilung und Wandlung. Es zuzulassen ist manchmal schwer und braucht Zuversicht und einen liebevollen Raum in dem du dich gehalten und sicher fühlst. Und es IST dein gutes Recht es anders, leicht, gut haben zu wollen, es steht dir zu glücklich zu sein. Alle Gefühle wollen ausgedrückt werden, alle sind ok. Tue es für DICH. Sie Anderen um die Ohren zu hauen ist vielleicht eine kurze Befriedigung, macht es allerdings schwer wirklich an das ranzukommen was in dir gesehen und geliebt werden will – weil der Andere ja meistens in der Reaktion gleich noch mehr Öl ins Feuer gießt, etwas das ohnenhin schon wund ist in dir verstärkt.

Natürlich ist – sofern eine andere Person involviert ist – der Andere meist ebenso verletzt, an anderen Stellen zwar, die genauso gesehen und geliebt werden wollen. Hier lauert eine weitere Falle oder Fluchtmöglichkeit: Andere zu verstehen, oder empathisch zu sein mit Anderen ist manchmal leichter als sich dem eigenen Schmerz mitfühlend zuzuwenden. Vielleicht mischen sich zusätzlich Schuldgefühle ein, und du glaubst der Schmerz des Anderen sie wichtiger, größer als deiner.

In jedem Fall ist es vielschichtig – und manchmal brauchen wir Unterstützung bei diesen komplexen Verflechtungen. Den sanften klaren Blick aus einer liebevollen Perspektive. Hilfe annehmen und Veränderung zulassen und dann deine Schritte gehen kannst nur du.

Und ja es ist auch möglich die Kunst des loslassens zu üben. Du wirst eine sofortige körperliche Entspannung wahrnehmen, und auch so kann etwas in dir heilen, sich wieder neu finden. Nur erzwingen lässt es sich nicht, und mit dem Kopf alleine rennst du nur gegen deine eigenen Wände.

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